Praxis für Naturheilkunde
Klassische Homöopathie

Verhaltensauffälligkeiten wie AD(H)S, Lernschwierigkeiten und Ängste 

bei Kindern und Jugendlichen
und ihre homöopathische Behandlung


Ein persönliches Wort vorab, weil mir diese "hyperaktiven" Kinder und Jugendlichen ganz besonders am Herzen liegen. Sie sind ohne Frage herausfordernd und können einer ganzen Familie viel abverlangen. Als Nonkonformisten, die Regeln und Autorität in Frage stellen und ein ausgeprägtes Gefühl für Fairness und Gerechtigkeit haben, sind sie oft unbequem. Sie sind jedoch voller Energie, engagiert, kreativ, phantasievoll, spontan und einfühlsam, um nur einige positive Punkte zu nennen. Sie sind nicht "verkehrt", nur passen sie nicht so recht in unsere Welt, insbesondere nicht in unsere Schulen mit den derzeitigen Lehrmethoden.


Wir sprechen in der Folge meist von hyperaktiven Kindern und Jugendlichen, weil diese am häufigsten auffällig werden. Die Behandlungsmethoden sind aber genauso bei Erwachsenen anwendbar und natürlich auch bei Personen, die schüchtern und verträumt sind.


Die Klassifizierungen, ob es sich nun um ADS/AD(H)S, Lernschwierigkeiten oder Autismus-Spektrum-Störungen handelt, sind für die Behandlung mit Homöopathie nicht entscheidend, weil homöopathische Mittel aufgrund der individuellen Symptome verschrieben werden.



ADS/AD(H)S – Teilleistungsstörungen – Autismus-Spektrum-Störungen

ADS/ADHS
Ist eine Kombination aus Aufmerksamkeitsdefiziten mit Impulsivität und Hyperaktivität (ADHS) oder Passivität (ADS). 

Es ist durch die drei Hauptsymptome gekennzeichnet:

  •  Mangelnde Konzentrationsfähigkeit
  •  Erhöhte Ablenkbarkeit
  •  Gesteigerte Impulsivität
  • Motorische Hyperaktivität kann als 4. Symptom hinzukommen.

Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose. Erst müssen körperlicher Gründe wie Stoffwechselstörungen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, Eisenmangel, etc.), Wahrnehmungsstörungen (u.a. Hören, Sehen, Spüren, Tiefensensibilität, Gleichgewicht und Temperaturempfinden) sowie psychische Gründe (Depression, Angststörung, etc.) ausgeschlossen werden. Die Diagnose wird anhand der Diagnosekriterien des DSM-5 oder der ICD-11 gestellt. Es sind Kriterien wie mangelnde Ausdauer, hohe Ablenkbarkeit, häufiger Wechsel zwischen spielerischen Aktivitäten, motorische Unruhe, usw., die oftmals schlecht objektiv zu beurteilen sind. Die meisten Kinder erfüllen diese Kriterien zeitweise oder zum Teil, es ist kein Entweder-Oder. Es muss beurteilt werden, ob sie wirklich in der Häufigkeit und Ausprägung deutlich von der Norm abweichen.


Neben den Kernsymptomen gibt es zwei entscheidende Kriterien, die für die Diagnose wichtig sind:

  • Ein frühes und dauerhaftes Auftreten der Symptome (vor dem 7. Lebensjahr)
  • Ein Auftreten in allen Lebenssituationen (Schule, Zuhause, Freizeit).


Die Mehrzahl der von einer Aufmerksamkeitsstörung betroffenen Kinder und Jugendlichen gehört zum Typ „Zappelphilipp“ [ADHS]. Sie sind unruhig, immer in Aktion, reden viel und platzen mit Kommentaren dazwischen, können generell nicht warten, bis sie an der Reihe sind.
Es gibt aber auch den Typ „Träumsuse“ [ADS], der nicht hyperaktiv ist und bei dem die Konzentrations- und die Aufmerksamkeitsschwäche im Vordergrund stehen. Diese Kinder sind verträumt, ablenkbar und vergesslich. Dieser Typ kommt überwiegend bei Mädchen vor und wird oft übersehen, weil er das Umfeld nicht so sehr stört.
So unterschiedlich diese beiden Formen auch vom Verhalten her sind, sie führen zu ähnlichen Lernstörungen. Wer sich nicht konzentrieren kann, lernt schlechter Lesen, Schreiben und Rechnen, macht mehr Flüchtigkeitsfehler und hat Schwierigkeiten, Aufgaben zu planen und zu organisieren.

Es gibt unterschiedlichste Ausprägungsgrade und diese nehmen bis ins Jugendalter ab. Das Syndrom bleibt bei ca. 70-75% der Erwachsenen bestehen. Homöopathie kann auch bei AD(H)S bei Erwachsenen unterstützend eingesetzt werden.



Lernschwierigkeiten
können aus unterschiedlichsten Gründen auftreten und auch die Folge von mangelnder Konzentrationsfähigkeit (AD(H)S) sein. Oder die angewendete Lehrmethode ist nicht für das Kind geeignet. Es gibt unterschiedliche Lerntypen. Unser Gehirn besteht aus zwei Hälften, die Hemisphären genannt werden, wobei in der Schule überwiegend Lehrmethoden für „linkshemisphärische“ Kinder angewendet werden. Ein Großteil ist jedoch „rechtshemisphärisch“ und kann mit den angebotenen Methoden nicht lernen. Es gibt einen einfachen Test dazu auf YouTube, der nur ein paar Minuten in Anspruch nimmt.
Sprachentwicklungsstörungen, Legasthenie und Dyskalkulie, sind Lernschwierigkeiten, die bei normaler oder auch hoher Intelligenz auftreten können. Für die Diagnose werden standardisierte Testverfahren eingesetzt.



Autismus-Spektrum-Störungen
Es handelt sich um tiefgreifende Entwicklungsstörungen, die sich insbesondere durch ein gemindertes Interesse an sozialen Kontakten sowie einem eingeschränkten Verständnis sozialer Situationen auszeichnen. Es gibt sehr unterschiedliche Ausprägungen und Schweregrade.
Der frühkindliche Autismus tritt bis zum 3. Lebensjahr auf und zeichnet sich durch die folgenden Anzeichen aus: gestörte soziale Interaktion; beeinträchtigte Kommunikation/Sprache; wiederholte, stereotype Verhaltensweisen und Interessen. Die Kinder lächeln nicht, reagieren nicht darauf, wenn man sie mit ihrem Namen anspricht und machen Gesten nicht nach.


Beim Asperger-Syndrom treten die Symptome erst im Vorschul- oder Schulalter auf und sind nicht so stark ausgeprägt wie beim frühkindlichen Autismus.


Als Folge von Verhaltensauffälligkeiten entstehen oftmals andere Probleme wie ein geringes Selbstwertgefühl, Ängste, Depressionen, Ticks und psychosomatische Probleme wie z.B. Bauch- oder Kopfschmerzen.


Ursachen
Die Ursachen sind noch unklar, es wird viel diskutiert, auch genetische Dispositionen.
Stress und Reizüberflutung sind verstärkende Faktoren, daher ist eine reizarme Umgebung vorteilhaft. Auch sollte ein hoher Medienkonsum vermieden werden.
Intelligente und reaktionsfreudige Kinder haben von Haus aus einen hohen Erregungstonus und sind prädisponiert für ADHS-Symptome. Viele dieser Kinder sind hochbegabt und die herkömmliche Schul- bzw. Unterrichtsform ist für sie nicht geeignet.
Bei vielen Kindern liegen Wahrnehmungsstörungen vor. Die Augen oder die Ohren funktionieren nicht richtig, die Tiefensensibilität oder der Gleichgewichtssinn sind zu schwach ausgeprägt. Das ist zu prüfen und kann ggf. durch Ergotherapie, psychomotorische Integration oder andere Behandlungen verbessert werden.
Auch die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle. Übermäßiger Zuckerkonsum kann die Symptome verstärken.
Das Problem ist also vielschichtig und kann und sollte von verschiedenen Seiten angegangen werden.



Die Behandlung von AD(H)S
Die Behandlung mit Ritalin greift in circa 80% der Fälle, hat aber oft erhebliche Nebenwirkungen. Es gibt auch medikamentöse Alternativen, wie z.B. Atomoxetin, einem Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Das Mittel kann Aufmerksamkeit, Konzentration, Unruhe und emotionales Verhalten verbessern. Besprechen sie das bei Bedarf mit Ihrem Facharzt.
Es ist auch sehr wichtig, Ventile für die aufgestaute Energie zu schaffen. Man kann ein vor Energie überlaufendes Kind nicht dazu auffordern, ruhig bei Tisch oder auch in der Schule still sitzen zu bleiben. Man muss Möglichkeiten schaffen, diese Energie vorher und zu anderen Zeiten abzubauen, durch Sport (Kampfsport, Fußball [Treten]), Kissenschlachten, Kaugummikauen und vieles mehr.
Auf jeden Fall kann immer versucht werden, parallel mit einer homöopathischen Behandlung die Situation des Betroffenen nebenwirkungsfrei zu verbessern. Es kann schnell gehen; aber manchmal können auch Wochen bis Monate vergehen, bis die Wirkung spürbar wird.



Die homöopathische Behandlung


Eine ADHS-Doppelblindstudie der Universität Bern führte zum Nachweis einer spezifischen Wirkung homöopathischer Arzneimittel beim Einsatz bei AD(H)S im Kindes- und Jugendalter. „Doppelblind bedeutet, dass weder die Probanden noch die behandelnden Ärzte wissen, wer das Mittel und wer ein Placebo erhalten hat.
Die Studie zeigt erste Hinweise, dass Homöopathika typische ADHS-Beschwerden bei Kindern reduzieren können, und das über den Placeboeffekt hinaus. Diese Arbeit wurde mit mehreren Forschungspreisen ausgezeichnet. Der Kinderarzt Dr. Heiner Frei war an dieser Studie beteiligt und hat für die Mittelsuche bei Verhaltensauffälligkeiten eine eigene Methode entwickelt, die Polaritätsanalyse. Wir arbeiten mit seinem Programm und dürfen mit seiner Erlaubnis auch die von ihm erstellten Fragebögen verwenden.

Das homöopathische Mittel wird ja ganz individuell anhand der vorhandenen Symptome gewählt. Da bei den meisten von ADHS betroffenen Kindern und Jugendlichen viele Symptome identisch sind (mangelnde Konzentration, körperliche Unruhe usw.) berücksichtigen wir auch die „individuellen „Modalitäten“ des Patienten. Geht es dem Betroffenen besser im Freien oder im Zimmer, bei kaltem oder warmem Wetter, beim Sitzen, Stehen oder Liegen? Bessert Ruhe oder Bewegung, wie reagiert es auf Licht, Berührung, Essen usw.? Diese Verschreibung anhand von Modalitäten wurde von Herrn Dr. Frei in der Studie angewendet.

Das passende individuelle Mittel wird durch die Auswertung aller vorhandenen Symptome mit ihren Modalitäten gesucht. Bei dieser „Repertorisation“ werden dann mehrere in Frage kommende Mittel ermittelt und der Homöopath entscheidet, welches Mittel im konkreten Fall das Beste ist.


Erfahrungsgemäß können homöopathische Mittel dazu beitragen, dass die Betroffenen wieder zur Ruhe kommen und ihren Stress nicht mehr durch auffälliges Verhalten, Schlafstörungen, Einnässen, Zähneknirschen, Wutanfälle usw. ausleben müssen. Ziel der homöopathischen Behandlung ist es, dem Kind dabei zu helfen, seine Fähigkeiten besser zu nutzen und besser mit sich und seiner Umwelt klarzukommen – und seine Umwelt mit ihm.
Der Prozess geht meistens nicht von heute auf morgen. Aber er führt überwiegend zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenssituation des Betroffenen und seines ganzen Umfeldes.



Weitere Faktoren und Behandlungsmöglichkeiten


Ernährung: Das Wichtigste ist eine gesunde, ausgewogene und vollwertige Ernährung! Schnell zu resorbierende Kohlenhydrate (insbesondere Zucker) sollten gemieden werden, da ein schneller Insulinanstieg zu anschließender Unterzuckerung führt und die Wahrnehmungssymptome verstärkt.
Nahrungsergänzung: Omega-3-Fettsäuren stärken die Immunabwehr und bringen Entzündungsvorgänge im Körper zum Abklingen. Der Vitamin D-Spiegel sollte hoch genug sein.



Phytotherapie: Pflanzliche Präparate können unterstützend wirken, da bestimmte Pflanzenstoffe entzündungshemmende, beruhigende oder konzentrationsfördernde Eigenschaften besitzen.


Bachblüten: Bachblüten wirken auf das Gemüt und können dabei unterstützen, in ein besseres Gleichgewicht zu kommen. Sie werden individuell nach den Symptomen ausgewählt. In Extremsituationen können Rescue-Tropfen gegeben werden. Alle 5-10 Minuten werden 2-3 Tropfen auf die Zunge gegeben. Diese Mischung aus fünf Bachblüten gibt es auch als Pastillen in der Apotheke. Das kann z.B. in Prüfungssituationen hilfreich sein.  


Weitere Informationen können Sie unter Downloads herunterladen.




Literatur
M. Drescher, H. Pfeiffer, M. Hirte, Homöopathie in der Kinder- und Jugendmedizin, Urban & Fischer, 2007
Heiner Frei, Die Polaritätsanalyse in der Homöopathie, Narayana Verlag, 2014
Heiner Frei, Die homöopathische Behandlung von Kindern mit ADS/ADHS, Ein systematisches Therapiekonzept, Karl F. Haug Verlag, 2007
Heiner Frei, ADHS, Autismus-Spektrum-Störungen und Teilleistungsschwächen, Homöopathie bei Wahrnehmungsstörungen, Narayana Verlag, 2020
Dr. Friedrich P. Graf, Homöopathie und die Gesunderhaltung von Kindern und Jugendlichen, Sprangsrade-Verlag, 2009
Dr. Georg Keller, Marie-Therese Zierau, Hilfe bei AD(H)S, Knaur, 2006
Thoma Bonath, Homöopathie bei ADHS, Ein integratives Therapiekonzept, Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2004
Hansjörg Heé/Gisela Foerster, Homöopathische Behandlung von Jugendlichen, Karl F. Haug Verlag, 2008



 
 
 
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